Kleiner Trost für alle Männer
, die nicht ganz so blendend aussehen wie Baptiste Giabiconi: Auf einigen wenigen Aufnahmen wirkt es, als ob der schöne Baptiste ein wenig schielt. Deutlich in der Überzahl sind allerdings Fotos ohne Silberblick - perfekte Porträts, die erklären, warum Frauen im Allgemeinen und Karl Lagerfeld, 77, im Besonderen für den Franzosen schwärmen. Baptiste, die Lieblings-Muse des Chanel-Designers, ist in so ziemlich jeder Hinsicht makellos.
Für den Modezar ist seine jüngste Entdeckung deshalb nicht mehr und nicht weniger als eine männliche Version von Supermodel Gisele Bundchen: "Dünn, aber mit einem athletischen Körper - schön in Klamotten und großartig ohne." Die Zeit sei vorbei, in der die mageren Model-Jungs von Designer-Kollege Hedi Slimane angesagt waren. Es brauche dringend ein neues Verständnis maskuliner Schönheit. Skurril: Lagerfeld selbst nahm einst radikal ab, um in die schmal geschnittenen Anzüge des damaligen Dior-Designers Slimane zu passen.
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Doch was kümmert Lagerfeld sein Geschmack von gestern, jetzt ist Baptiste en vogue: 188 Zentimeter groß, Schuhgröße 44, Kragenweite 39, Konfektionsgröße 50, ein Ex-Monteur, von Talentsuchern im Fitnessstudio entdeckt. Ein schöner Mann und echter Kerl, einer, der trotz schaumgefestigter Tolle nicht wie ein Schönling wirkt. Mit seinen gerade einmal 19 Jahren strahlt Baptiste erstaunliche Souveränität und Würde aus. Den Wirbel um seine Person bekommt er zwar sehr wohl mit, gibt sich aber nach wie vor charmant und bescheiden - wer ständig an der Seite von Karl Lagerfeld steht, gewöhnt sich schnell an ein Leben im Auge des Mode-Hurrikans.
Vor gut einem Jahr begegneten sich Karl, der Modekönig, und Bapiste, der Newcomer der Modelagentur DNA, zum ersten Mal bei einem Casting für eine Sonnenbrillen-Kampagne. Lagerfeld war begeistert und Baptiste auf einen Schlag seine Muse, womit er den Platz von ModelBrad Kroenig einnahm. Baptiste erinnere ihn an seine eigene Jugend, erklärte Lagerfeld - und schob selbst-kritisch nach, der Südfranzose sehe vielleicht sogar noch etwas besser aus als einst der junge Karl. Zwischen den beiden sei es wie zwischen Vater und Sohn, erzählt man sich in der Branche, eine rein platonische Beziehung also. Und spätestens seitdem der Modeschöpfer seinen Zögling sogar zu seinem potenziellen Erben erklärte - "irgendjemand muss das Zeug ja kriegen" - gilt Baptiste als Prinz von Paris. Er ist überall dort, wo Papa Lagerfeld mit seiner Entourage auftaucht, ob nun in St. Tropez, Berlin oder auch in Offenburg. Beide kleben zwar nicht ständig aneinander, achten aber immer darauf, was der andere gerade macht.
"Es war schön, weil Karl sich von Baptiste wirklich inspirieren lässt", berichtet Olivier Zahm, der Chefredakteur des Magazins "Purple", von einem Shooting mit den beiden. "Das liegt wohl daran, dass Baptiste ihn an verschiedene Abschnitte seines eigenen Lebens erinnert - wie eine Art lebendes Tagebuch." Kein anderes Männermodel ist zurzeit erfolgreicher, die Internetseite www.models.com führt Baptiste im Männer-Ranking auf Platz 1. Abgesehen von einigen wenigen Shootings mit anderen Fotografen wie Marcus Pigott und für andere Modemarken wie Armani Jeans ist es dabei fast ausschließlich Karl Lagerfeld, der den Womanizer für sich und Chanel in Pose setzt, am liebsten freizügig. Für Lagerfeld stellt sich Baptiste ohne zu zögern splitternackt auf High Heels vor die Kamera, und bei Events ähneln seine Outfits selbstverständlich denen seines Mentors. Fragt man allerdings, wer täglich für ihn seine Garderobe aussucht, kommt mit Nachdruck die Antwort, dass er derlei Dinge selbstverständlich allein entscheide.
Das ist clever. Baptiste will sich einen eigenen Namen machen, zumal Lagerfeld ihn jederzeit austauschen könnte - auch wenn diese Gefahr im Moment kaum besteht. Aus einem simplen Grund: Mit schönen Menschen umgab sich der Meister schon immer, aber einen Beinahe-Sohn wie Baptiste Giabiconi hatte Karl Lagerfeld noch nie.
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