Die Haut ist unsere Barriere zur Umwelt und gleichzeitig unser größtes Organ. Mit den problematischen Partikeln kommt sie also unmittelbar und besonders intensiv in Kontakt. Und so sprechen Dermatologen davon, dass man in Ballungsräumen, wo sich die Belastung durch Schadstoffe konzentriert, die Auswirkungen geradezu von den Gesichtern ablesen könne.
Die Haut von Großstädtern wird von Schadstoffen belastet
"Bei Stadtbewohnern beobachten wir eine beschleunigte Entstehung von Falten sowie 25 bis 30 Prozent mehr Pigmentflecken, vor allem im Wangenbereich", erklärt auch Dr. Sabine Gütt, Kosmetologin und Cosmetic Consultant aus Hamburg.
Auch einen geringeren Feuchtigkeitsgehalt weist der Teint der Bewohner stark luftverschmutzter Stadtteile auf. Ein Hinweis darauf, dass die Haut eine deutlich schwächere Barrierefunktion übernimmt. Aktuelle Studien belegen, dass die Haut von Großstädtern insgesamt um zehn Prozent schneller altert. Und dabei handelt es sich aller Voraussicht nach nur um einen Mindestwert, betonen Experten.
"Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Wert höher liegt", räumt auch Dr. Gütt ein. "Man darf nicht vergessen, dass die experimentellen Untersuchungen und Imitationsmodelle in Laboren in diesem Bereich noch am Anfang sind." Wie sich die vom Autoverkehr und der Industrie verursachten Luftschadstoffe nämlich im Einzelnen auf die Haut auswirken, ist kompliziert zu entschlüsseln. Es handelt sich nämlich um ein mächtig komplexes Gemisch.
Zum Vergleich: Bereits Zigarettenrauch besteht aus mehr als 10.000 toxischen Elementen. Bei Autoabgasen und Industrie-Emissionen kommen da noch einige mehr zusammen.
Mit Hautpflege gegen Feinstaub und PAK
Kosmetikhersteller und Forscher suchen entsprechend intensiv nach Lösungen, um den negativen Auswirkungen dieses Phänomens entgegenzuwirken. Jetzt werden die neuesten Antworten in Creme-Tiegel gefüllt. Sabine Gütt: "2017 werden wir einen richtigen Boom an neuen Launches zum Thema Anti-Pollution erleben. Mit Einzelprodukten und kompletten Linien, die ganz darauf zugeschnitten sind, die Haut effektiv vor Luftverschmutzung zu schützen."
Den zwei Übeltätern Feinstaub und PAK (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) geht es besonders an den Kragen. PAK sind Bestandteil von Dieselruß. Sie entfetten unter anderem die Haut und führen zu Entzündungen. Auch den größten Teil der Feinstaubpartikel erzeugen Dieselmotoren. Die stoßen im Vergleich zu Benzinmotoren bis zu tausend Mal mehr Feinpartikel aus. Aber auch der Abrieb von Autoreifen, Bremsen und Straßenbelag sowie Industrieabgase und der Luftverkehr tragen ihren Anteil zur bedenklichen Konzentration ultrafeiner Stäube in der Luft bei.
Die Auswirkung von Feinstaub auf die Haut: Kollagenabbau, Melanin-Überproduktion und eine Verstärkung von Entzündungprozessen. Bei Cremes, Seren & Co, die Widerstand gegen die sogenannte "Particle Pollution" leisten sollen, setzt man vor allem auf vier Strategien, die auch gerne miteinander kombiniert werden:
1. Abwehren:
Der Lotuseffekt ist bekannt – denken Sie nur an Ihre Skijacke, von der der Schnee abperlt. Und das funktioniert nicht nur mit Wasser so, sondern auch mit Schwebepartikeln. In Beautyprodukten kommen Moleküle zum Einsatz, die eine ganz bestimmte, abweisende Oberflächencharakteristik besitzen. Das Haften von Feinstaub auf der Haut verhindern aber auch große Skin-Coating-Polymere. Man verwendet gern Polysaccharide, die zum Beispiel aus Braun-oder Blaualgen gewonnen werden.
Einen schützenden Mantel kann bedingt auch ein Puder oder eine Foundation ausbreiten. Dr. Gütt: "Frauen, die geschminkt durch die Stadt gehen, sind grundsätzlich besser geschützt als ungeschminkte. Bei ihnen sitzt bereits etwas auf der Haut, das das Auflegen und Eindringen schädigender Partikel zumindest erschwert." Voraussetzung dafür ist allerdings, dass das Make-up "einen sehr hohen Puderanteil mit kugelförmigen Pigmenten hat".
2. Neutralisieren:
Schadstoffpartikel erzeugen in der Haut Sauerstoffradikale, und diese provozieren Entzündungen. Anti-Oxidantien können diese unschädlich machen, indem sie sie neutralisieren. "Doch nicht jedes Anti-Oxidans hat eine wirkliche Anti-Pollution-Wirkung", betont Dr. Gütt. Als besonders geeignet bezeichnet sie die Peptide aus Moringabaumsamen und – Achtung, ich buchstabiere – Bis-Ethylhexyl Hydroxydimethoxy Benzylmalonate. Diese beiden gelten als sehr stabil und potent.
3. Binden:
Um toxische Metalle in den Griff zu bekommen, werden auch sogenannte Chelatbildner eingesetzt. Diese schließen Metalle in eine stabile Ringstruktur ein und hindern sie dadurch an weiterer Aktivität.
4. Recyclen:
Durch negative Umwelteinflüsse werden jede Menge Eiweiße in der Haut zerstört. Damit dort wieder alles reibungslos laufen kann, müssen diese entsorgt werden. Dazu werden Proteasome aktiviert, Protein-Komplexe, "die als kleiner Mülleimer fungieren", so Dr. Gütt.
Milde Reinigung gefragt
City Girls irren, wenn sie glauben, dass ihre Pflegeroutine beim Thema Gesichtsreinigung darin bestehen sollte, Ruß & Co. besonders kräftig wegschrubben zu müssen. "Auf eine Gesichtsbürste sollte man besser verzichten. Es sei denn, man hat eine sehr ölige Haut", rät Sabine Gütt. Die Borsten strapazieren ihrer Meinung nach die Hautbarriere nur zusätzlich. Eine milde Reinigung mit Spezialwirkstoffen, wie etwa den bereits erwähnten Peptiden aus Moringasamen, hält Dr. Gütt dagegen für geeignet, um Problempartikel abzunehmen. Damit die Stadt erst gar keine Zeichen im Gesicht hinterlassen kann.