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Sanna Lindström Über ihre Krankheit, ihr Buch und ihre Einstellung zum Schicksal

Sanna Lindström
Sanna Lindström
© Sanna Lindström
Sanna Lindström ist wohl eine der bekanntesten Braut-Atelier-Besitzerinnen Deutschlands. In der TV-Serie "Zwischen Tüll und Tränen" steht sie den Bräuten mit Rat und Tat zur Seite. Wir verraten Ihnen, warum Sanna nicht nur eine passionierte Designerin ist, sondern auch ein Vorbild, wenn es um das Thema mentale Gesundheit geht.

Sanna Lindström hat ihren Traum zum Beruf gemacht: Bereits als junges Mädchen entwarf die gebürtige Schwedin im Kinderzimmer ihres Elternhauses in Uppsala ihre ersten Kleider und träumte davon, eines Tages ihren eigenen Laden zu eröffnen. Dieser Traum ist Realität geworden. In ihren eigenen Brautateliers in Mönchengladbach, Ratingen, Krefeld und bald auch Hamburg empfängt die zweifache Mutter Bräute in spe und unterstützt sie mit ihrer liebevollen, authentischen Art bei der Wahl ihres Brautkleides und ist dabei sogar in der TV-Serie "Zwischen Tüll und Tränen" auf Vox zu sehen. 

Eine erfolgreiche Karriere, die Sanna auch in ihrem Buch "Die Brautflüsterin" beschreibt. Es klingt für viele nach einem Traumjob – umgeben von pompösen Kleidern, ständiger Vorfreude auf den großen Tag und einem omnipräsenten Thema: die Liebe. Doch so "pastellig" die Hochzeits-Branche auch sein mag, ihr Leben ist das nicht immer. Konfrontiert mit den Herausforderungen einer Auswanderung, dem täglichen Spagat zwischen Familie und Job sowie jahrelanger Depressionen gab es auch düstere Kapitel in ihrem Leben, die sie mit viel Mut und Stärke sowie dem Rückenhalt ihrer Familie hinter sich ließ.

Sanna Lindström möchte mit ihrem Buch Mut machen und mentale Krankheiten enttabuisieren. Aber natürlich spricht sie darin auch über ihre Passion, gibt Tipps für Bräute und nimmt uns mit in die spannende Welt einer Brautmode-Designerin. 

Im GALA-Interview haben wir mit der Schwedin über ihr Buch gesprochen, ihre Einstellung zum Thema Schicksal und warum sie sich nicht mehr vorstellen kann, zurück in ihre Heimat zu ziehen.

Im Interview: "Zwischen Tüll und Tränen"-Star Sanna Lindström

GALA: Wie kam es dazu, dass Sie ein Buch geschrieben haben – war das schon immer ein Traum von Ihnen?
Sanna Lindström: Der Gedanke ein Buch zu schreiben, kam erst, als ich damals krank war. In dieser Zeit hat es mir enorm geholfen, meine Gedanken und Wörter zu Papier zu bringen. Außerdem hat es mir sehr gut getan von anderen Betroffenen zu lesen – denn was viele vielleicht nicht wissen: In einer Depression fühlt man sich häufig sehr alleine. Die Erfahrungsberichte anderer Betroffener zeigten mir allerdings, dass ich das nicht bin. Ich fühlte mich dank dieser Menschen verstanden und da wusste ich: dieses Gefühl möchte ich auch anderen geben. Und so entstand das Buch und darin ein Kapitel zu diesem wichtigen Thema. Denn das ist eben auch ein Teil von mir. Aber natürlich widme ich mich daneben auch den schönen Themen des Lebens.

Was hat ihnen neben dem Austausch noch geholfen, diese Krankheit zu überwinden?
Es ist schwierig, sich auf eine Sache festzulegen. Am Ende ist es eine Mischung aus mehreren Faktoren, wie eine Gesprächstherapie, Medikamente, die Zeit, die man sich und der Krankheit gibt, aber vor allem auch der offene Umgang damit. Ein erster Schritt ist deshalb auch erst einmal zu akzeptieren, dass man krank ist und Hilfe braucht. Diese Einsicht war für mich persönlich ein wichtiger Wendepunkt. Denn erst ab dann, konnte ich den Weg der Genesung gehen. 

Wie hat Ihr Umfeld darauf reagiert?
Mein Mann hat mir dabei sehr geholfen. Er hat unsere engsten Freunde über meine Krankheit informiert.  Sie waren schockiert und hätten bei mir niemals damit gerechnet, waren jedoch zu 100% unterstützend. Dadurch ist eine große Last von mir abgefallen, denn viele Betroffene empfinden es als sehr großen Druck, wenn sie die Krankheit vor ihrem Umfeld verheimlichen und immer noch funktionieren müssen. Ab dem Moment, wo es unser Umfeld wusste, hatte ich das Gefühl, ich darf krank sein und muss nicht mehr "performen".

Was würden Sie sagen, ist die größte Hürde für Betroffene?
Wenn man depressiv ist oder eine andere psychische Krankheit erleidet, ist es am schwierigsten, darüber zu sprechen. Ob es an unserer heutigen Gesellschaft liegt, dass solche Krankheiten immer noch als nicht "salonfähig" gelten und am liebsten unter den Teppich gekehrt werden sollen oder aber ob es an den eigenen Hemmungen liegt, ist für mich schwierig zu sagen. Aber ich habe das Gefühl, dass wir offener über psychische Erkrankungen sprechen können als vielleicht noch vor einigen Jahren.

Umso schöner, dass Sie als positives Beispiel voran gehen.
Interessant zu hören ist vielleicht auch, dass ich, egal, mit wem ich über meine Krankheit gesprochen habe, immer liebevolle Reaktionen erhalten habe. Ein Großteil hat mir daraufhin sogar auch von eigenen Erfahrungen mit der Krankheit geschildert. Und nach der Veröffentlichung meines Buches haben sich nochmal mehr Menschen an mich gewandt und mir von ihren Erfahrungen berichtet. Über diese Offenheit habe ich mich sehr gefreut. 

Hatten Sie denn auch Bedenken diese beiden unterschiedlichen Themen miteinander zu verknüpfen? 
Ich möchte gerne als Vorbild fungieren. In unserer Kommunikation sind wir sehr offen, sowohl hier im Atelier als auch auf Instagram – aber nicht privat. Deswegen sehen die Frauen, die zu uns oder zu mir kommen nur die schönen Sachen. Und ich möchte gerne allen Frauen da draußen Mut machen, indem ich zeige, dass auch ich Lasten zu tragen habe. 

Sie kommen ursprünglich aus Schweden und haben somit zwei Kulturen kennengelernt. Würden Sie sagen, es ist in Deutschland schwieriger über das Thema Mental Health zu sprechen als in Schweden? 
Es ist eher genau andersherum. In Schweden ist man sehr freundlich und nett, aber hat auch seine Privatsphäre, die man nicht nach außen trägt. 

Könnten Sie sich denn vorstellen, irgendwann wieder zurück nach Schweden zu ziehen?
Ich liebe Schweden – aber nur zu Besuch. Nach ein oder zwei Wochen bin ich auch froh, wieder in Deutschland zu sein. 

Stand eine Auswanderung für Sie denn schon immer im Raum?
Nein, nicht wirklich. Das kam ja erst durch meinen Mann, den ich während einer Vietnam-Reise kennengelernt habe. Durch ihn bin ich das erste Mal nach Deutschland gekommen und habe mich sofort in das Land und die Kultur sowie die Möglichkeiten hier verliebt. Der damalige Zeitpunkt war auch perfekt, denn ich war bereit für etwas Neues. 

Ihnen haben sich viele tolle Möglichkeiten offenbart. Sind Sie ein Mensch, der an das Schicksal glaubt?
Mit Schicksal assoziiert man immer etwas Romantisches – das finde ich schön. Sein Leben oder bestimmte Kapitel jedoch nur auf das Schicksal zu schieben, hat für mich auch etwas Passives. Und das ist es ja eigentlich gar nicht:

Egal welche Möglichkeiten sich auftun, sie gehen ja auch immer mit einer bewussten Entscheidung einher. Den Gedanken, dass man sein Glück selbst in der Hand hat, finde ich viel schöner. 

Wie wichtig es ist, Entscheidungen zu treffen, um sein Glück zu finden – das ist auch Teil meines Buches. Denn häufig fehlt uns für solche Entscheidungen nur eine Portion Mut. Wenn wir die erstmal gefunden haben, stehen uns so viele Türen offen. 

Entscheidungen sind sehr wichtig. Und dennoch kommt es manchmal vor, dass wir eine wichtige Entscheidung bereuen. 
Ich glaube, wenn man eine wichtige Entscheidung getroffen hat, muss man ihr auch manchmal etwas Zeit geben, damit sie wirkt. Hätte man mich beispielsweise während meiner Krankheitsphase kurz nach meiner Auswanderung nach Deutschland gefragt, ob ich es bereue, mein Medizin-Studium abgebrochen zu haben und mit Sack und Pack nach Deutschland gegangen bin – wer weiß, was ich dann gesagt hätte. Aber rückblickend ist alles für mich so gekommen, wie ich es mir gewünscht habe. Denn anders wäre ich nicht nach Vietnam gegangen, hätte dort nicht mit meinen Mann kennengelernt und wäre jetzt auch nicht stolze Mutter von zwei tollen Kindern. 

Ihr Buch heißt "Brautflüsterin". Wie sind Sie auf den Namen gekommen?
Ich bin schon mein ganzes Leben eher die Person, die nicht so laut ist und ungerne im Vordergrund steht, sondern lieber flüstert. In jeder Braut, die zu mir kommt, versuche ich erst einmal die Frau zu sehen – mit all ihren Themen, die sie persönlich beschäftigen. Sei es ihr Körper, ihre individuellen Bedürfnisse und Sorgen – das alles versuche ich beim Kennenlerngespräch herauszufinden. Ich versuche, die Frau zu sehen, ihren Charakter und nicht zuerst ihr optisches Erscheinungsbild. Deswegen ist auch extrem schwierig für mich, generelle Angaben zum Brautkleid zu geben.

Natürlich kann man mit einer A-Linie häufig nichts falsch machen. Aber der Charakter und der Typ unserer Bräute sagt viel mehr über das richtige Kleid aus als vielleicht eine Kleidergröße. 

Was ist Ihr Tipp an alle Bräute da draußen, die noch nicht ihr perfektes Kleid gefunden haben? 
Auf jeden Fall offen zu bleiben und nicht ein Kleid nicht probieren, weil man glaubt, es passt nicht zur Figur. Auch sollte man sich als Braut nicht mit anderen vergleichen. Gerade auf Instagram werden uns viele falsche Ideale vermittelt, die uns häufig einschüchtern. Und: Als Braut nicht zu viele Personen mit zur Anprobe nehmen – das sorgt häufig für mehr Verwirrung als Klarheit. 

Was wünschen Sie sich für die nächsten Jahre?
Privat wünsche ich mir auf jeden Fall etwas mehr Zeit mit meiner Familie verbringen zu dürfen. Vor kurzem ist ja auch unsere Tochter zur Welt gekommen. Aber natürlich wünsche ich mir auch, dass sich die Lage mit Corona etwas normalisiert, vor allem, weil es ja auch unsere Branche betrifft. Aber wir lassen uns davon nicht unterkriegen, denn wir haben noch sehr viel geplant. Als nächstes wollen wir ein weiteres Atelier in Hamburg eröffnen.

Verwendete Quellen: Eigenes Interview

Gala

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