Deutsche Hip-Hop-Ikone, Graffiti-Maler – und jetzt auch Brillendesigner. Samy Deluxe (42) ist ein Hansdampf in allen Gassen. Er hat‘s halt einfach drauf. Zum Launch seiner Brillenkollektion mit Edel-Optics, vooy x deluxe, treffen wir den Rapper auf St. Pauli, Hamburg zum Interview und sprechen mit ihm über guten Style, wertige Kunst und richtiges Influencen.
Zig Brillen liegen auf dem Tisch vor uns. Entspannt führt er uns durch die Kollektion aus Brillen und Sonnenbrillen. Das Besondere: Für 120 Euro bekommt man gleich zwei Brillen, unterschiedliche Rahmen und Gläser kann man ganz nach seinen Vorlieben gestalten – so sind über 1000 Kombinationsmöglichkeiten drin.
Samy Deluxe im GALA-Interview
Was ist denn mit der "grünen Brille" in der Kollektion? (So heißt ein Song von dynamite deluxe, Anm. der Red.)
Die ist immer dabei! Sie ist allerdings olivgrün geworden, nicht knallgrün, wie manche sie vielleicht erwartet hätten. Olivgrün ist in meinem Colorcode aber omnipräsent. Ich habe die Farbwelt gewählt, in der ich eh immer angezogen bin.
Wie wurden Sie zum Brillen-Designer?
Ich habe schon vor zwei Jahren gesagt, dass ich gerne Brillen machen würde und über persönliche Kontakte zu Edel-Optics hat sich dann alles ergeben. Vor einem halben Jahr haben wir die Designs gemacht, wir haben Modelle angeguckt, re-designt, individualisiert und auch gerade auf die Farbauswahl habe ich viel Einfluss genommen. Vor vier Monaten hatten wir dann die Prototypen und jetzt haben wir hier die Kollektion.
Wie würden Sie Ihren Style beschreiben?
Deluxe wahrscheinlich (lacht). Ich habe schon einen ziemlich eigenen Style. Das erkenne ich daran, dass Leute nie wissen, was ich trage. Die Leute fragen immer: ‚Sind das Schuhe von dem Label?‘ und ich immer so: ‚Nö‘. Ich weiß selbst auch oft nicht, wie die Marken heißen.
Wie wichtig ist Ihnen Mode denn?
Schon wichtig, aber nach meinen eigenen Maßstäben. Ich sehe es so wie Kunst, gemalte Bilder oder Musik – es muss mir irgendwas geben. Ich kaufe Sachen nicht, weil sie von irgendwelchen Marken sind. Ich hab‘ schon meine Lieblingsmarken, aber wenn die nix haben, was ich mag, dann kauf ich da auch nichts. Ich mag auf jeden Fall Sachen, an denen unnötiger Kram dran ist (zeigt auf die Schlaufen an seiner Hose und lacht).

Gilt das auch für Brillen?
Ne, da habe ich nicht so einen Fetisch entwickelt, dass die immer extravagant sein müssen. Deshalb ist die Kollektion jetzt auch nicht so eine Thomas D.-Kollektion. Wir haben da jetzt nicht die mega crazy Farbkombos rausgehauen.
Sie sind ja nicht nur Musiker, sondern auch visueller Künstler, Sie sprayen gerne. Hat dieses Auge für Ästhetik beim Brille-Designen geholfen?
Ich habe ja nicht selbst gezeichnet. Hier ging es eher um meinen Geschmack, um Individualität. Das Grundgerüst der Brillen war ja schon da.
"Ich habe keine Sneaker unter 600 Euro"
Sind Brillen die neuen Sneaker?
Es war mir wichtig und ist einfach cool, so erschwingliche, stylische Brillen zu designen. Bei Sneakern wäre das schon was anderes, ich habe, glaub ich, keine unter 600 Euro.
Was geht modemäßig denn immer?
Eigentlich alles. Für mich ist es einfach auch das Head-to-Toe-Ding, ich mag, wenn alles nice ist und zusammenpasst.
Gibt’s einen Trend, den Sie niemals mitmachen würden?
Ich habe nie Buffalos getragen, weil ich sowieso schon extrem groß bin, das käme auch irgendwie arrogant. Ich trage außerdem immer eher gedeckte Farben, super bunt wäre also auch nichts für mich.
Würden Sie sich als Influencer bezeichnen?
Das hat ja so einen Beigeschmack bekommen, weil viele Leute, die Influencer genannt werden, kein bestimmtes Talent haben. Aber ich würde sagen, dass ich schon einer der Rapper bin, bei dem Leute auch immer auf dieses Mode-Ding geachtet haben. Nach meinen Musikvideos wurde ich immer gefragt, woher der Sweater zum Beispiel ist.
Sie waren ja quasi schon Influencer vor den sozialen Medien …
Ja, mein erstes Social Media-Profil war Myspace, das war halt cool, weil man es sich total individuell gestalten konnte. Dann habe ich erstmal gar nichts außer einem offiziellen Facebook-Account gehabt. Später dann Instagram, da musste ich mich ein bisschen zwingen lassen. Aber dann mochte ich es richtig, für mich als Graffiti-Maler war es super. Ich hatte vorher ein bisschen die Verbindung verloren und kam so wieder rein. Man kann ja jedem Maler folgen und sich viel besser connecten. Mein Insta ist auch meine Kunstgalerie. Man kann sich aber natürlich auch in dem Wahnsinn verlieren und in den Kommentarspalten das Herz und das Ego aus der Brust rausreißen lassen.
Sie sind ja seit über 20 Jahren einer der Big Player im Deutschrap. In den letzten fünf bis sechs Jahren hat sich schon super viel verändert. Wie stehen Sie zu den Veränderungen?
Es war schon immer so, dass ich nicht jede Musik persönlich mögen muss, um sie gut zu heißen. Ich freu mich, dass Hip-Hop so groß geworden ist, in Deutschland und weltweit. Es ist nur schade, dass es zu wenig Plattformen für wertige Kunst gibt. Es gibt im Moment einige Sachen, die viel Spotlight kriegen, von denen aber nicht alles wertig ist. Und das ist auch ok, weil es für fünfzehnjährige Schulhofkids ist, das ist aber auch nicht meine Position, das zu bewerten. In der deutschen Öffentlichkeit ist einfach ein Kulturverfall zu beobachten. Ich wüsste gar nicht, wo man gute Kunst findet, wenn man den Künstlern nicht direkt folgt. Wenn du auf irgendwelche Plattformen gehst, wirst du immer als erstes finden, welcher Künstler, mit wem Stress hat – und nicht, wer den krassesten Reim geschrieben hat.
"Hip-Hop ist das Krasseste"
Was würden Sie sich denn wünschen?
Ich weiß, dass Hip-Hop lebt, daher ist alles gut. Man sollte aber nicht nur über die Skandale und Schattenseiten berichten. Sondern darüber, dass Hip-Hop das Krasseste ist, das die westliche Welt je hervorgebracht hat. Im Sinne von: Wie viele Chancen es Leuten gegeben hat.
Zurück zur grünen Brille: Gibt es irgendeine Brille, die Sie sich für Ihr Leben oder für die Gesellschaft wünschen würden?
Das Krasseste wäre eine Brille, die einem die Zukunft anhand der aktuellen Lage voraussagt, um Fehler zu vermeiden. Wenn andere Leute vor Fehlern warnen, ist das das eine. Aber wenn man selbst vorher schon die Konsequenzen sehen würde, wäre es was ganz anderes.
Verwendete Quellen:Eigenes Interview