Am Ende des Tages, an dem er die Modewelt unter Schock setzte, feierte er in einer Pariser Galerie. Selten sah man Raf Simons so entspannt. Zuvor hatte er nach nur dreieinhalb Jahren seinen Job als Kreativdirektor von Christian Dior an den Nagel gehängt. Eine Art Befreiung soll es nach GALA-Recherchen gewesen sein. "Er war pissed, total leer, körperlich am Ende", beschreibt ein ranghoher Dior-Manager die Situation. Auch Simons privates Umfeld verrät, dass er seit Wochen müde war. "Es gab auch Streit."
Zu viel Druck
Druck und Stress, ist es das, was den Star-Designer einen der begehrtesten Jobs der Modebranche einfach so hinwerfen ließ? Offenbar. Dank Raf Simons erlebte das Haus Dior ein riesiges Comeback. Nach der Kündigung von John Galliano gelang es dem Belgier, das Image zu entstauben, Minimalismus und Couture zu vereinen. Der Umsatz stieg. Seit Kurzem wurde ihm auch die Gesamtverantwortung für die Accessoires übertragen. Auch dies mit großem Erfolg. Dior eröffnet weltweit neue Shops (auch in Düsseldorf und Frankfurt), erlebte einen Hype. Doch der Erfolg hat auch Schattenseiten. Simons musste sechs Kollektionen im Jahr entwerfen. Dazu kam der enorme Druck aus dem eigenen Haus, das Teil des weltgrößten Luxuskonzerns LVMH ist.
Er ist nicht dafür geschaffen
Simons aber schätzt eine gesunde Work-Life-Balance, liebt die Arbeit mit dem Team seiner eigenen Modemarke. Auf die will er sich nun stärker konzentrieren. "Ich habe kaum Freunde aus der Mode", erzählte er uns schon vor Jahren. "Ich lebe ein ganz normales Leben." Vielleicht war die Verlockung, Dior-Designer zu werden, größer als die Einsicht, dass er dafür nicht geschaffen ist.
Lagerfeld hat kein Verständnis
Karl Lagerfeld, König der Selbstdisziplin, hat für Stress-Symptome kein Verständnis: "Wer damit nicht umgehen kann, kann nicht in diesen Beruf gehen", sagte er einmal zu GALA. "Wenn man den Finger in diese riesige Maschine steckt, muss man dafür ausgestattet sein." Simons hat seine Hand herausgezogen, bevor sie ihm verbrannt ist.