Der Auftritt dauerte nur ein paar Minuten
, doch er könnte ein Leben nachhaltig verändert haben: In hautengem Nappa, das ihm die Designer-Zwillinge Dean und Dan Caten samt der Federärmel auf den modelmäßig schmalen Leib geschneidert hatten, eröffnete Bill Kaulitz, 20, die Dsquared-Show. Eine umjubelte Performance. Und der Beginn einer neuen Karriere?
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Versuchte der Tokio-Hotel-Frontmann bei der Mailänder Modewoche sein Image als Teenie-Band-Idol abzuschütteln? Max Dax, Chefredakteur des Musikmagazins "Spex": "Tokio Hotel gehören zu den wenigen Bands, die das Potenzial haben, sich zu transformieren und weiterzuentwickeln. Doch derzeit läuft alles darauf hinaus, dass Bill Kaulitz eine Solo-Karriere machen wird." Der Sänger sei ein Unikum, ein schillernder und authentischer Freak: "Er wird seinen Weg gehen und könnte eine David-Bowie-artige Figur werden." "Bravo"-Chefredakteur Tom Junkersdorf, der die Band mit aufgebaut hatte, sieht auch mögliche Gefahren: "Bill fühlt sich unglaublich angezogen von der Welt der Designer. Aber kein einziger seiner jungen Fans kann sich so noch mit ihm identifizieren." Wie Bill Kaulitz seine Zukunft selbst einschätzt, erfuhr Gala im Exklusiv-Interview.
Sie entwickeln sich immer mehr weg vom Tokio-Hotel-Image, mit dem Sie seit Jahren international erfolgreich sind. Steht die Band am Scheideweg?
Ich glaube, dass wir gerade an einem sehr interessanten Punkt unserer Karriere stehen. Auch wir werden älter und entwickeln uns. Fakt ist: Ich versuche immer das zu tun, was mich glücklich macht. Mein Look ist mit den Jahren extremer geworden. Und das ist sicher heute gerade für junge Menschen schwerer verständlich als zu Zeiten von "Durch den Monsun".
Gibt es eine Strategie, mit der die Band den Sprung hin zu einem reiferen Musikpublikum schaffen will?
Nein. Aber uns ist natürlich klar, dass wir in den meisten Köpfen als Teenie-Band abgespeichert sind. Es braucht wohl etwas Zeit, bis sich daran was ändert.
Ihr Catwalk-Auftritt in Mailand wurde von der Fashion-Welt bejubelt. War das der Beginn einer Modelkarriere?
Da es mir riesigen Spaß gemacht hat, kann ich mir vorstellen, auch in Zukunft mal wieder zu modeln. Aber just for fun.
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Hatten Sie Lampenfieber?
Ich war wahnsinnig aufgeregt. Aber ich habe auch bei unseren Konzerten immer Lampenfieber.
Wie lief die Vorbereitung? Hatten Sie einen Laufsteg-Coach?
Das wäre schön gewesen! Naiverweise dachte ich vorher auch, dass es Probeläufe gibt, bei denen ich mir Tipps holen kann. Aber dem war leider nicht so. Nein, ich wurde bei der Show ins kalte Wasser geschubst. (lacht)
Bei Tokio Hotel sind Sie Mitglied einer Band, stehen aber trotzdem immer im Mittelpunkt. Gibt es da Konkurrenzgerangel mit Ihrem Zwillingsbruder Tom und den beiden anderen Musikern?
Im Gegenteil! Alle sind happy, dass es so ist. Gustav und Georg können sich nicht vorstellen, derart im Mittelpunkt zu stehen und bewundern mich und meinen Bruder Tom, dass wir das alles aushalten. Und auch Tom ist heilfroh, dass ich die Rampensau bin.
Haben Sie Pläne, eine musikalische Solokarriere zu starten?
Ich würde nie bei Tokio Hotel aufhören. Es wird aber sicher auch mal Zeiten geben, in denen wir lange Pausen einlegen. Da kann ich mir dann sehr gut vorstellen, eigene Projekte anzuleiern. Aber ein Ende von Tokio Hotel? Niemals!