Zum Weltfrauentag am 8. März hat GALA mit Sängerin Vanessa Mai gesprochen. Gemeinsam mit L'Oréal Paris macht sie als Markenbotschafterin auf deren Initiative „Standup! – gegen Belästigung in der Öffentlichkeit“ aufmerksam. Im Interview erzählt die 30-Jährige von ihren eigenen Belästigungserfahrungen, welche starke Frau sie bewundert und warum Neid ihr Antrieb ist.
Vanessa Mai im Interview: "Ich möchte nicht müde werden, stark zu sein"
GALA: Sie sind ein großes Vorbild für Ihre Fans und werden als Inspiration gesehen. Was macht eine starke Frau für Sie aus?
Vanessa Mai: Jeder definiert ‚stark sein' anders, also kann ich da nur für mich sprechen: Ich bin in den 2000ern groß geworden und wurde stark von der amerikanischen Popkultur geprägt. Eines meiner Vorbilder war damals Christina Aguilera, die sehr selbstbewusst auftrat und körperbetonte Outfits trug. Das hatte schon einen großen Einfluss auf mich als Kind. Sie hat wichtige gesellschaftliche Themen angesprochen und mir etwas vorgelebt. Das war sehr eindrucksvoll und ich möchte nicht müde werden, stark zu sein, weil das die nächsten Generationen prägt.

Warum denken Sie, werden vor allem Frauen miteinander verglichen – und nicht Männer?
Schön, dass du das so ansprichst, weil das ganz häufig untergeht. In meiner Wahrnehmung sind Vergleiche unter Männern eher eine Seltenheit. Es ist immer nur ein Frauen-Thema. Es wird uns über Generationen hinweg gesellschaftlich eingeprägt. Selbst in Märchen ‚kann es nur eine geben‘ und Stiefschwestern werden als böse und neidisch dargestellt. Genau deswegen darf man nicht aufgeben. Man muss es immer wieder ansprechen und drauf aufmerksam machen, damit sich das weiter verändert.
Ist das einer der Gründe, warum sich Frauen gefühlt weniger unterstützen als Männer?
Ich beobachte selbst, dass sich Frauen untereinander noch mehr supporten könnten. Wir werden nicht erfolgreicher oder zufriedener, wenn wir andere Frauen schlecht reden. Wir müssen das ansprechen und uns gegenseitig wachrütteln. Es wird viel mehr darüber gesprochen, als es tatsächlich gelebt wird, was ich super schade finde. Jeder Mensch hat mal Neid-Gefühle oder ist vielleicht mal eifersüchtig. Ich habe sowas abgelegt und wenn ich mal spüre, dass ich so ein Gefühl habe von ‚ich freue mich für diejenige, aber das hätte ich auch gern‘, dann ist das für mich eher ein Ansporn. Dann motiviert mich sowas eher anstatt dass ich dann negative Energien freilasse und es mir dann schadet oder mich behindert.

Vanessa Mai musste Erfahrungen mit Belästigung machen
L’Oréal unterstützt mit seiner Initiative „Stand up“ die Aufklärung und Sensibilisierung gegenüber Belästigung von Frauen. Haben Sie selber schon Belästigung erlebt?
Klar, habe ich das erlebt. Aktive Belästigung, auch auf körperlicher Ebene, habe ich beim Feiern schon als Teenager erlebt. Man fühlt sich super schlecht und man schämt sich dafür auch ein bisschen, obwohl man nichts dafür kann. Ich habe danach sofort mit meiner Mutter gesprochen. Es ist wichtig, dass man seinem Umfeld direkt davon erzählt. Ich habe Belästigung aber auch auf verbaler Ebene erlebt und es kann passieren, dass man das in der Situation gar nicht realisiert und es einem erst im Nachhinein bewusst wird. Ich freue mich total, dass sich eine Brand wie L’Oréal Paris für ein so wichtiges Thema einsetzt. Wir merken an der riesigen Interaktion, wie groß das Interesse ist. Es spricht viele an und das zeigt, dass wir da auf einem guten Weg sind.
"Ich habe tolle Frauen in meinem Umfeld"
Was ist der beste Rat, den Sie jemals von einer anderen Frau bekommen haben?
Dass man Neid-Gefühle für sich selbst als Ansporn nutzt und positiv umwandelt in ein Empowerment-Gefühl. Apropos Empowerment-Gefühl: Ich habe tolle Frauen in meinem Umfeld, die mich bestärken und inspirieren.
Da Sie für Ihren tollen Stil bekannt sind, am Ende noch eine Fashion-Frage: Haben Sie auch weibliche Vorbilder in der Mode?
Ich verändere und entwickele mich und damit einhergehend auch meine Interessen und mein Geschmack. Daher inspirieren mich immer unterschiedliche Frauen für eine gewisse Zeit in meinem Leben. Jetzt gerade – es ist echt verrückt – muss ich sagen, dass ich nicht wirklich auf jemanden schaue, was auch mal ganz schön ist. Ich bin gerade in einer Phase, in der ich mit mir selbst sehr zufrieden bin und gerade voll im Jetzt lebe. Ich finde toll, wie sich die Modebranche verändert hat. Dass jetzt der Norm-Core-Style angesagt ist, den ich auch super schön finde. Weil der Style einfach mal zeigt, dass unauffällige Mode auch schön ist und dass man nicht immer so rausstechen muss. Ich finde, das hat sich so hochgeschaukelt, im Sinne von ‚Je verrückter, desto besser‘ und jetzt ist es eher: Es ist alles erlaubt und jeder kann sich wohl fühlen.