Sandelholz, Weihrauch, Amber, Leder und Oud: Die typisch orientalischen Aromen sind aus deutschen Parfümerien nicht mehr wegzudenken. Ausgerechnet im Sommer machen die schweren, opulenten Düfte den frischen, leichten Wässerchen, die bei uns ansonsten bevorzugt werden, immer häufiger Konkurrenz. Vor allem in München und Düsseldorf: Hierher kommen die wohlhabenden arabischen Familien aus Abu Dhabi, Katar, Arabien vorzugsweise, um Urlaub zu machen. Besonders in den Wochen direkt vor und nach dem Fastenmonat Ramadan (der in diesem Jahr zwischen dem 8. Juli und 9. August liegt). Häufig reisen sie auch wegen eines medizinischen Eingriffs an. Der muss nicht unbedingt aus gesundheitlichen Gründen erforderlich sein - Düsseldorf und München sind bekannt für ihre Orthopäden und Augenärzte, aber auch für ihre Schönheitschirurgen.

In erster Linie aber gelten die Rhein- und die Bayern-Metropole als Shopping-Paradiese. Laut der "Süddeutschen Zeitung" reisen 94 Prozent der arabischen Touristen zum Einkaufen an und bescheren den Münchner Einzelhändlern einen jährlichen Umsatz von rund 220 Millionen Euro. Das sind nach Angaben des Handelsverbands Bayern zwei Prozent des Gesamtumsatzes. In nichts investieren die Gäste aus dem Nahen Osten so ausgiebig wie in Fashion, Accessoires - und eben Parfüms.
Mittlerweile hat die Kosmetikindustrie darauf reagiert. "Es ist Teil unserer Strategie, auf lokale kulturelle Vorlieben einzugehen", sagt Karyn Khoury, Senior Vice President Duftentwicklung Estée Lauder. "Dies gibt uns die Möglichkeit, eine enge Verbindung zu unseren Kundinnen und Kunden in aller Welt aufzubauen."
Auf eine besondere Art der Kundenbindung setzen auch High-End-Parfümerien wie das luxuriöse Kaufhaus Oberpollinger an der Münchner Maximilianstraße oder die imposante Douglas-Dependance auf der Düsseldorfer Kö. Beide Häuser sind bestens auf die orientalische Kundschaft vorbereitet. Die kommt meist nicht solo, sondern in Gruppen und wird in repräsentablen Begrüßungsräumen platziert - hier versucht man bereits dem Geschmack der Kundinnen und Kunden zu entsprechen und setzt daher auf üppig goldenes Dekor. Es werden libanesisches Gebäck und alkoholfreie Getränke gereicht. Das selbstverständlich Arabisch sprechende Personal hat auf Nachfrage Restaurant-Tipps und Ärzteempfehlungen parat. Für die Parfüm-Beratung nimmt man sich besonders viel Zeit.
Silvia Schöne, Leiterin der Douglas-Parfümerie auf der Kö, verrät: "Großen Wert legen die arabischen Kunden auf intensiv duftende, kostbare Inhaltsstoffe wie Oud oder Amber. Die haben eine lange Tradition im Orient und sind ein Zeichen von Wohlstand.
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Aber auch die Marke spielt beim Kauf eine Rolle." Heißt: Große Namen zählen.
Inzwischen haben fast alle wichtigen Parfümhäuser etwas Passendes im Portfolio. Einer der jüngsten Neuzugänge: Yves Saint Laurents erste Privé-Linie. Sie heißt "Oriental Collection" und wurde gezielt auf den Geschmack der arabischen Klientel zugeschnitten. Zwar bekommt man sie überall auf der Welt, aber nur in ganz wenigen ausgesuchten Geschäften. Exklusivität ist bei dieser anspruchsvollen Kundschaft ein wichtiges Kaufkriterium. Deshalb sind Lieferengpässe und Wartelisten - bei besonderen Editionen keine Seltenheit - unproblematisch.
Im Gegenteil: Sie wecken erst recht Begehrlichkeiten. "Ist das gewünschte Parfüm aber vorrätig, werden davon meist gleich mehrere Flakons gekauft", sagt Silvia Schöne. "Es können schon mal fünf bis zehn sein, und zwar in der größten verfügbaren Größe."
Duft wird im arabischen Raum eben verschwenderisch verwendet. Aber Silvia Schöne kennt noch einen weiteren Grund für das spezielle Einkaufsverhalten: "Es ist Tradition, zum Eid-Festival, dem Ende des Ramadans, Geschenke zu machen. Deshalb sind Parfüms auch als Mitbringsel begehrt." Diese Gaben lässt sie dann auf Wunsch individuell verpacken und organisiert auch den Transport in die Heimat des Käufers. Im nächsten Jahr sieht man die Gäste dann in München oder Düsseldorf garantiert wieder. Dem persönlichen Service sei Dank.