Er hätte allen Grund, heute nervös zu sein. In seiner Pariser Buchhandlung "7L" stellt Karl Lagerfeld zwei neue Düfte vor, einen für Damen, einen für Herren – und seine letzten Versuche auf dem Parfümsektor waren nicht gerade von Erfolg gekrönt. Für den Erfolgsverwöhnten eine neue Erfahrung. Doch von Anspannung ist beim Meister nichts zu spüren: "Gala" trifft auf Lagerfeld in Bestform. Charmant und spitzzüngig spricht er über angenehme und weniger angenehme Gerüche, übers Katzenklo seiner geliebten Choupette und die Allüren seines Patenkinds.
Warum gingen Ihre letzten Versuche auf dem Parfümmarkt schief?
Das klassische Lagerfeld-Parfüm war mal eines der meistverkauften der Welt. Als dann die Verantwortlichen wechselten, ging es bergab. Die haben sich einfach nicht richtig gekümmert. Aber ich muss mich nicht verrückt machen, nur weil ein paar Leute ihren Job nicht erledigt haben. Die neuen Besitzer haben jetzt ein seriöses Konzept.
Nun sind Sie selbst kein Parfümeur …
Nein, und ich bin auch dagegen, dass jemand wie ich sich um alles kümmern soll. Es gibt Düfte, die ich gerne mag, aber woher soll ich wissen, was da alles drin ist! Ich kann nur eine Atmosphäre vorgeben.
Gibt es Parfüms, die Sie gar nicht mögen?
Es gibt welche, die mich regelrecht krank machen. Aber wollen Sie wirklich, dass ich die jetzt nenne? In den Achtzigerjahren gab es mal eins, davon konnte man ersticken. Es hatte einen unglaublichen Erfolg, besonders in Amerika, aber wenn das jemand trug, stank der ganze Raum danach. Generell mag ich es nicht, wenn zu viel Lavendel drin ist. Für Männer darf es nicht zu blumig sein.
Es gibt allerdings immer mehr Unisex-Düfte.
Ja, richtig. Vielleicht sollten wir jetzt bald ein drittes Parfüm machen, das würden wir dann "In Between" nennen oder "Borderline". Es gibt übrigens auch Frauenparfüms, die ich persönlich gerne mag, zum Beispiel "Mitsouko" von Guerlain. Aber wenn ich das selbst trage, riecht es wie Pipi. Dafür sprühe ich es manchmal auf Möbel.
Sie parfümieren Ihre Möbel?
Ja, ich bespritze alles. Meine Bettwäsche, meine Handtücher, meine Bademäntel, alles. Und meine Kleidung, bevor ich sie anziehe. Ich sprühe Parfüm nie auf die eigene Haut. Ich habe immer Angst, dass ich irgendwo Flecken bekomme. Deswegen trage ich auch Handschuhe.
Mal abgesehen von Parfüms: Reagieren Sie generell empfindlich auf Gerüche?
Oh ja. Das Schlimmste sind Leute, die schlecht aus dem Mund riechen. Das ist, als ob man in ein Jauchefass geschmissen wird. Leider kommt das auch bei Mitarbeitern vor. Von einem musste ich mich trennen.
Haben Sie es ihm nicht mal gesagt?
Doch, aber es war hoffnungslos: Er hat Angst, dick zu werden, und ernährt sich nur von Nüssen und schwarzem Kaffee. Dann gibt es noch einen, mit dem ich viel arbeite, aber wenn ich mit ihm spreche, dann nur auf Distanz oder am Telefon.
Parfümieren Sie denn auch Ihre Katze Choupette?
Sie hasst Spray. Sie hat das auch gar nicht nötig, sie duftet wie ein frisch gebadetes Baby. Sie glauben gar nicht, wie hysterisch diese Katze gepflegt wird. Ich habe zwei Personen, die sich nur um sie kümmern.
Mit profanen Dingen wie Katzenklos haben Sie also nicht zu tun?
Na ja, wenn ich mit ihr alleine bin, mache ich diese Dinge auch selbst. Dann kümmere ich mich um ihr Futter und all das. Ich finde das ganz witzig. Aber normalerweise ist immer jemand da, der sie zwischendurch mal bürstet. Wollen Sie ein Foto von ihr sehen?
Gern!
(Lagerfeld zückt sein Smartphone) Sehen Sie, so sieht sie aus, wenn sie böse ist. Choupette ist sehr launisch.
Hat sie das von Ihnen?
Ja, aber ich gebe mir wenigstens Mühe. Meine Katze ist launisch und verwöhnt. Kennen Sie dieses berühmte Bild von Diego Velázquez, "Las Meninas"? Choupette ist die Prinzessin, um die sich alle kümmern. Ich bin der, der hinten aus dem Bild verschwindet, und das andere sind die Zofen, der Chauffeur, der Privatsekretär. Choupette steht immer im Zentrum unserer Welt.
Verwöhnen Sie auch Ihr Patenkind Hudson Kroenig, den Sohn von Männermodel Brad Kroenig?
Ja. Der Junge ist sehr süß. Im Sommer kommt er immer einen Monat zu mir. Außerdem macht er manchmal die Modenschauen mit. Inzwischen trägt er sogar die Brautschleppe am Ende der Show.
Hudson könnte das Rampenlicht zu Kopf steigen, immerhin ist er erst fünf …
Zu den anderen Kindern in der Schule sagt er immer: "Ich habe nichts mit euch zu tun, ich bin ein Supermodel." Und in Restaurants stellt er sich auf den Tisch und schreit die Kellner an: "Schneller!" Sein kleiner Bruder ist übrigens auch mein Patenkind. Leider ist er aber überhaupt nicht amüsant. Wir nennen ihn Frau Merkel, weil er so runde Bäckchen hat und so hellblaue Augen.
Der Arme.
Wieso, Frau Merkel hat doch hübsche blaue Augen! Jedenfalls benimmt sich mein großes Patenkind unmöglich. Die Eltern haben nicht die geringste Autorität.
Sie finden sein Benehmen trotzdem amüsant?
Wieso nicht? Als Patenonkel trägt man keine Verantwortung, das ist ja das Schöne. Ich hasse Verantwortung, deswegen möchte ich auch selber keine Kinder haben.
Sonst müssten Sie am Ende noch Windeln wechseln …
Das kommt immer ganz darauf an, in welchem Milieu man heiratet